Atlantiklogbuch

1. und 2. Tag
Ja, wir sind los. Unglaublich mutig von uns, einfach den Anker hoch und los geht es. Zusammen mit der SY Nautica (Dieter und Karla) und der SY Kira von Celle, auch eine HR 42, mit Detlev und Beate an Bord machen wir uns auf den Weg über den riesigen Atlantik. Der GPS hat uns 2200 sm angezeigt. Wegen, mal wieder, vieler Vorbereitungsarbeiten, haben wir kein Infomail mehr rausgeschickt, nur noch eben Jochen vom Internetcafe aus über Skype (Voice over IP) angerufen. Es kommt ja auch immer alles so überraschend. Am Montag 09.01.2006 wird es dann um 16.00 Uhr UTC ernst und endgültig, dass wir losgehen. Am Tag vorher war ich schon etwas nervös, es ist schließlich unsere 1. Atlantiküberquerung. Fragen wie: Haben wir alles dabei, was wir brauchen, ist alles am Schiff überprüft, wird der Wind so beständig bleiben, wie angekündigt, hoffentlich haben wir nicht so hohe Wellen? Gehen uns durch den Kopf. Am Vormittag hat Helmut noch bei der Hafenbehörde ausklariert, für die letzten kapverdischen Escudos 24 Fläschchen Bier, Käse und Batterien fürs Handfunkgerät eingekauft, während ich an Bord für die ersten beiden Tage Essen vorbereitet habe. Man kann ja nie wissen, wie Wind und Welle einem in die Mangel nehmen und wie es einem dann geht. Ich habe 8 Hühnerbeinchen gebraten, einen Reissalat mit Paprika und Schinken angemacht, eine Hühnersuppe vorgekocht und eine deftige Minestrone aus verschiedenen Bohnen, Linsen, Möhren, Zwiebel und scharfer portugiesisch Wurst zubereitet. Auch ein Weizenmischbrot mit Sonnenblumenkernen ist dann nach 2 Stunden Gehzeit noch in den Backofen gewandert. Ist ganz prima geworden. An Land gab es nur so süßes Brot wie bei uns das Zopfbrot und das schmeckt uns zu Wurst und Käse nicht. Am Samstag hatten wir uns nochmal mit frischem Obst, Bananen, Weißkohl, Möhren, Zwiebeln und Kartoffen eingedeckt, sodass ich denke, wir werden die 18-20 Tage schon nicht verhungern. Der Atlantik nimmt uns mit seiner angenehmsten Seite 10-15 Knoten Wind aus Nordost, einer langgezogenen weichen Dünung und blauem Himmel mit Passatwolken in Empfang. In der Abendsonne schimmert die Insel Sao Nicolau in einer Vielfalt von braunen Schattierungen und in den bizarren, tiefen Barrancas (Tälern) liegt schon der Schatten.

Was für ein Abschied in die Weite des Atlantiks!

Auch die höchste Erhebung der Insel, der 1304 m hohe Monte Gordo, ist endlich mal wolkenfrei und auch noch am nächsten Morgen, Dienstag 10.1., in 60 Seemeilen Entfernung zu sehen. Wie vorhergesagt, hat der Wind dann noch etwas nachgelassen, sodass wir keine Passatbesegelung (2 Vorsegel ausgebaumt) setzen können, obwohl wir alles dafür vorbereitet haben. Mit nur 3 Knoten Fahrt schleichen wir uns dann ganz gemächlich aus dem Archipel der kapverdischen Inseln heraus. Wir sind froh, dass während der Wiedereingewöhnungsphase an das Leben auf hoher See, der Wind und die Dünung nur schwach sind. Das Bordleben spielt sich ein mit ab 18.00 Uhr alle 3 Stunden Wache gehen, Kochen, essen, funken, Wetter abrufen, mal was lesen, schlafen usw. Am Dienstag machen wir erst mal einen Friseurtermin an Bord, Helmut schneidet mir und anschließend ich ihm die Haare. Es sieht uns ja jetzt 3 Wochen niemand, also keine Gefahr bei unserem ersten Haarschneideversuchen. Die Temperaturen sind jetzt auch schon eher karibisch mit 26-28°, da können wir dann auch gleich noch auf dem Achterdeck duschen. Die beiden Nächte sind sternenklar und der zunehmende Mond lässt das Meer glänzen. Ich sehe zum ersten Mal das Kreuz des Südens.

Mehr als 30 Delphine begleiten unsere Fahrt

Der 3. Tag
beschert uns nur wenig Wind mit 5-10 Knoten, sodass wir immer wieder den Motor mal mitlaufen lassen müssen, um das Schiff zu stabilisieren. Es ist dann auch noch ganz erträglich mit dem Geschaukele und da am Nachmittag eine kleine Goldmakrele angebissen hat, werfen wir den Menüplan über den Haufen und braten den Fisch im Backofen. Dazu gibt es nach Gerdis Rezept schwäbischen Kartoffelsalat mit Salatgurke und Miracel Whip. Ein Glas Weißwein gönnen wir uns auch noch. Das Etmal (zurückge-legte Strecke in 24 Stunden) beträgt 117 Seemeilen. Das ist schon richtig gut, wenn ich mir die Etmale am 1. Tag mit 92 sm und am 2. Tag mit 82 sm so ansehe. Normalerweise kann man 120 Seemeilen gut schaffen.

Schiffsbegegnungen haben wir keine, die beiden anderen Yachten sind ca 20 Seemeilen hinter uns, aber auf gleichem Kurs. 260 sm von den Kapverden holen wir schon mal das Segelhandbuch „Windward und Leeward Islands“ heraus und stimmen uns bei Musik von Harry Belafonte auf die Karibik ein. Das Rollen im Schiff nimmt zu und ist grässlich, ich muss vom Kartentisch weg und rauf in die Plicht, sonst wird's mir schlecht.

4. Tag
Wir sind nach der Nachtwache noch ziemlich müde, das Schiff ist die ganze Nacht unentwegt von backbord nach steuerbord gerollt und hat uns nicht zur Ruhe kommen lassen. Überall knirscht und knarrscht es. In den Schränken, in denen noch ein wenig Platz ist, saust der Inhalt hin und her und veranstaltet einen Höllenlärm. Sämtliche verfügbaren Handtücher und Kissen werden zur „Ruhigstellung“ hineingestopft. So kann er auch sein, der Atlantik, 25 Knoten Wind, Welle mit 2,50-3,50 m. Sehr, sehr ungemütlich. Da wird die Vorbereitung des Frühstücks zum Balanceakt. Aber wir kommen gut voran, man kann nicht alles haben. So heißt es jetzt: „Meilen und Müsli"!
Doch das ist für heute noch nicht alles. Die Genuafall reißt bei einer Böe von 35 Knoten Wind, ein lauter Knall und die Genua rutscht einen halben Meter am Vorstag runter. Jetzt heißt es schnell handeln und das Segel einrollen, damit wir es nicht ganz runterziehen und einpacken müssen. Die Wellen sind nochmal höher geworden und schmeißt das Schiff von einer Seite auf die andere. Nach 2 Std. haben wir dann sämtliche Fallen und Schoten geändert, einen Passatbaum neu verzurrt, den anderen wieder befestigt und eine 38 qm Arbeitsfock am Kutterstak als Vorsegel hochgezogen. Mit gerefftem Großsegel und Besan werden wir mit und auf der Welle mit 7-8 Knoten Fahrt vorangeschoben. Das Etmal beträgt heute richtig tolle 141 Seemeilen.

5. Tag
War das eine unruhige Nacht, der Wind hat auf 30 Knoten aufgefrischt und 4 Squalls, das sind örtlich eng begrenzte Regenschauer mit starkem Wind, sind auf uns runtergeprasselt. Das hatte den Vorteil, dass der ganze Sandstaub von Lanzarote und den Kapverden vom Schiff runtergespült wurde und wir wieder ein tip top salzfreies sauberes Schiff haben, ganz ohne schrubben. Da die Welle immer noch mit 2,50 – 3,00 m von achtern schiebt und uns von einer auf die andere Seite wirft, hat Helmut sich einen neuen Schlafplatz gesucht. Die niedrigste Stelle im Schiff mit den wenigsten Schiffsbewegungen ist der Boden im Salon, zwischen Salontisch und der Steuerbordsitzbank. Dort hat er unsere Vakuum-Isomatte reingelegt und sich dann reingeklemmt. So schaukelt er zwar mit dem Schiff mit, aber nicht auch nochmal selbst. Mit leichter Musik über die Ohrenstöpsel schaltet er dann auch noch die Geräusche, das Ächzen und Stöhnen des Schiffes aus und kann einigermaßen schlafen. Ich kriege bei dieser Lage eher Platzangst und habe die Steuerbordkoje mit den Leesegeln aktiviert. Aber entspannt schlafen ist das auch nicht, denn immer muss man sich irgendwo abstützen. Etmal stolze 150 sm, wenigstens werden die Unbequemlichkeiten mit Meilen belohnt.

Wasser rundum, an steuerbord
und backbord
6. Tag
Wieder eine stressige, rollige Nacht mit Squalls und 30 Knoten Wind darin, wir haben uns zwar hingelegt, aber so gut wie nicht geschlafen. Auch der Mond verschwindet immer wieder hinter den Wolken. Da wir ständig Wache gehen und die Nacht so hell ist, fahren wir ohne Beleuchtung, damit halten wir auch noch unsere Energiebilanz im Gleichgewicht. Der Verursacher für das notorische tock-tock, tock-tock Geräusch im Vorschiff ist dann nach 1 Stunden Suche auch gefunden. Der an Deck aufgestellte Spibaum hat in der Halterung immer ein bisschen hin und her gewackelt und das Geräusch auf das gesamte Schiff übertragen. Wie beim Rodeoreiten ist alles in Bewegung und dabei sollen wir dann frühstücken, Essen kochen und Geschirr abwaschen und sich selbst auch noch sicher festhalten. So viele Hände hat kein Mensch!!! Da ist selbst das Kaffeekochen schon anstrengend. Helmut zu der ganzen Situation: „Wenn ich denjenigen finde, der geschrieben hat, dass Blauwassersegeln schön ist, dann trete ich ihm vors Schienbein!“ Tags über immer wieder eine Mütze voll Schlaf geholt und „Säulen der Erde von Ken Folett“ angefangen zu lesen. Beim gemütlichen Mitternachtsbierchen zum Wachwechsel wagt sich doch tatsächlich eine vorwitzige Welle durch den geöffneten Reißverschluss in der Kuchenbude (Verdeck für die Plicht) herein und duscht mich, da ich am nächsten sitze, mit Salzwasser ab. Die Sitzpolster und ich sind klatschnass. Nochmal gut gegangen, es ist kein Wasser in den Salon gespritzt, da wir die Tür vom Niedergang halb geschlossen hatten. Wir haben ja schließlich aus dem Fiasko vor Sizilien was gelernt!! Etmal 154 sm, so kann’s weitergehen, dann wären wir in 10 Tagen in Martinique.
7. Tag
Ich bin ziemlich genervt und gereizt, weil ich schlecht geschlafen habe. Und dann will Helmut auch noch Heringfilet in Tomate zum Frühstück ……. wo doch Müsli mit Obst angesagt war. Ich bräuchte mal wieder 8 Hände um alles irgendwie festzuhalten. Dann zerscheppert auch noch meine Kaffeetasse mit der Horber Stadtansicht und ich raste vollends aus. Nach dem Frühstück geht’s dann wieder besser. Duschen in der Plicht wird zum Erlebnis, herrlich, wenn man wieder tip top sauber ist. Alle 2 – 3 Tage ein Brot selbst backen wird jetzt zur Pflichtaufgabe, denn solange reicht ein 500 g Brot für uns beide. Backmischungen und Sauerteig vom Bäcker Kipp in Horb, sowie haltbare Hefe haben wir ausreichend aus Deutschland mitgenommen. Ansonsten brauch ich nur noch 350 ml warmes Wasser und Zeit, damit der Teig aufgehen kann.
In der warmen Mittagssonne stellt sich der Erfolg schnell ein und der Teig geht auf das doppelte auf. Dann den Teig nochmal durchkneten und in Form bringen und wieder eine Zeit lang in der Sonne aufgehen lassen, dann 50 Minuten backen und fertig ist ein herrlich frisches Roggenmischbrot, das wir dann am Abend mit Schwarzwälder Bauernbratwurst, Butter, sauren Gurken und Käse gleich mal zur Hälfte aufvespern. Die täglichen Funkrunden, mittlerweile sind es 5 werden so langsam zum Stress, alle 2-3 Std. pünktlich die Funke an, damit kein Termin verpasst wird, ist man nur 5 Minuten zu spät, dann ist „alles schon geschwätzt“ und müsste dann für uns extra nochmal wiederholt werden. Mittlerweile gehen die Funkrunden bis in die Karibik rüber, denn einige sind schon dort (z.B. die Carpe Diem) oder treffen in den nächsten Tagen dort ein (Magic Life), einige Segler sind gerade von den Kanaren losgegangen (Anastasia), die Knaatsche hat in Sao Nicolau/Cabo Verde den Anker gelichtet. Interessiert verfolgen wir über Funk, wie der Seenotfall einer Segelyacht mit einem gebrochenen Ruder 300 sm vor der Karibik abgearbeitet und gelöst werden soll. Etmal 155 sm es ist der helle Wahnsinn!!!!,

8. Tag
Entweder haben wir uns so langsam aklimatisiert oder das Geschaukele ist tatsächlich weniger geworden :-) . Da die Nacht bis auf 1 Std in jeder Wache sehr ruhig verlief, haben wir die Wache auf 2 x 5 Std.kurzfristig geändert, viel gelesen (Buch ist sehr spannend und vermittelt gute Eindrücke vom Dombau und dem beginnenden Mittelalter), die Zeit vergeht dann wie im Flug. Der Wind hat auf 20 Knoten etwas nachgelassen, wir kreuzen leicht vor dem Wind, da die Passatbesegelung wegen der gerissen Genuafall nicht zu setzen ist. Wir auf dem weiten Atlantik, um uns nur Wasser und Himmel soweit das Auge reicht……. Zum Abendessen gibt es Paprikagulasch (eingedünstet und vorgekocht im Weckglas in Teneriffa) mit Reis.Das anschließende Geschirrspülen ist dann wieder wie einen Sack Flöhe hüten, weil alles ständig hin und her rutscht und sich selbstständig macht. Sooo  v i e l e  Hände kann man gar nicht haben!!!!!  8 Tage ununterbrochen auf See, das ist länger als jede von uns bisher gefahrene Zeit. Etmal 133 sm.

Squall mit Regenbogen
Wasser, so weit das Auge reicht
9. Tag
Es ist jetzt nachts so warm, dass wir im Salon noch 26° haben und beim Wachegehen können wir getrost unsere Vlieshosen und Jacken im Schrank lassen. Bei ruhiger See, 15-20 Knoten Wind und 5 Knoten Fahrt haben wir beide gut geschlafen, wieder je 5 Stunden. Es gibt ja auch nachts nichts zu tun, denn die Wettervorhersagen haben beständige Winde angekündigt, keine Segelwechsel und keine Großschifffahrt nichts, rein gar nichts. Der Mond hat uns im Stich gelassen und sich hinter der Wolkendecke zurückgezogen. Noch nicht einmal die Sterne sind richtig zu sehen. Dafür werden wir aber wieder mit einigen kräftigen Squalls abgespült, jetzt müsste auch der letzte Wüstensand von Sal aus den Leinen raus sein.
Um 10.10 Uhr UTC ist es dann soweit „Bergfest“. Von unserem derzeitigen Standort aus gemessen sind es genau 1060 sm nach Sao Nicolau und 1060 sm bis zur Reede von St. Anne auf Martinique. Die zurückgelegten Meilen betragen 1113 sm, da wir ja nicht auf der Ideallinie fahren, sondern leicht vor dem Wind kreuzen. Das muss gefeiert werden. Helmut hat sich Tafelspitz mit Meerrettichsoße (Kren) und Kartoffel gewünscht. Das Fleisch ist natürlich auch schon vorgekocht im Einmachglas. Ein Bierchen darf natürlich auch nicht fehlen. Etmal 129 sm.

10. Tag
Unser Tag fängt eigentlich mit der Nacht an. Wir rechnen ab 17.30 Uhr, das ist der Zeitpunkt an dem wir den GPS bei der Abfahrt in Sao Nicolau aktiviert haben, immer 24 Stunden weiter. Dann wird wieder das Etmal abgelesen. Die Nacht war einigermaßen ruhig, zwar einige Squalls, aber höchsten 25 Knoten Wind mit dabei. Das ist bei unser Besegelung: 38 qm Arbeitsfock ausgebaumt und bis zur 1.Saling eingerefftes Großsegel mit Bullenstander festgebunden, damit der Baum nicht aus versehen rüberschlägt, gerade so recht. Wenn der Wind allerdings auf 30 Knoten auffrischen würde, müssten wir die Arbeitsfock durch eine 15 qm Sturmfock ersetzen. Die ist noch niegelnagelneu. Der Vorbesitzer hatte sie aus Sicherheitsgründen dabei. Dadurch, dass die Rollgenua nicht genutzt werden kann, braucht Helmut sich weiter gar keine Gedanken zu machen, ob er nicht doch das eine oder andere Segel setzt oder sonst noch irgendwie an den Segelstellung herumzupfen muss. Er kann ganz entspannt in der Plicht sitzen, denn das Schiff „rennt“ mit 5 - 7 Knoten, je nach Windstärke, nur so dahin. Die Schaukelei ist erträglicher geworden oder doch nicht? Vielleicht haben wir uns auch ganz einfach dran gewöhnt. Kann ich aber nicht so ganz glauben. Den Espresso zum Frühstück bereiten wir mit der „nicht elektrischen Espressomaschine“ zu, schön mit Halteklammern eingeklemmt. Doch selbst das hat heute Morgen nichts geholfen, eine starke Schiffsbewegung nach steuerbord und der ganze Kaffee war über den Herd und bei der nächsten Schiffsbewegung nach backbord über den Teppichboden verteilt. Ich hatte Glück, dass ich noch rechtzeitig zur Seite springen konnte und mir nicht die Beine verbrüht habe. Wie bei einem Rodeopferd, das plötzlich mit allen Vieren hochspringt, hüpft die Sitzbank in der Plicht plötzlich einen halben Meter nach unten. Ohne sich selbst wenigstens mit einer Hand festzuhalten, geht gar nichts. Und dann schneid mal Zwiebeln in Würfelchen ! Der Gurt der mich an den Herd anpickt, ist auch noch nicht so ideal, da die Schwankungen des Schiffes den Herd und die Flammen dann ziemlich nah an mich ranbringen. Dennoch gab es Bratkartoffel mit Zwiebel und Tomaten/Gurkensalat dazu. Sonst gab es keine besonderen Vorkommnisse, Helmut hat geruht, ich habe mehrere Stunden!!! gelesen. Find ich ganz toll, bin zuhause nie dazu gekommen. Vielleicht stellt sich jetzt die nötige Ruhe ein. Wir sind jetzt unter 900 Meilen bis Martinique. Das Etmal betrug 136 sm.

11. Tag
In dieser Nacht alle 3 Std. Wachwechsel. Um 4.00 Uhr 2 Lichter am Horizont, ein Frachter in 4 Sm Entfernung, die erste Schiffsbegegnung seit 10 Tagen. Da unser Brot aufgefuttert ist, mische ich in meiner Wache um 5.00Uhr einen Teig für Chiabata Brötchen zusammen und backe das ganze dann um 8.00 Uhr, damit wir mal wieder Brötchen zum Frühstück essen können. Doch Schreck in der Morgenstunde, kurz vor 10.00 Uhr fällt ein Squall mit 35 Knoten Wind über uns her, der elektrische Autopilot luvt an und blockiert dann das Ruder. Was ist denn jetzt schon wieder? Rasch Autopilot aus, Helmut klemmt das Getriebe ab und schnell steuere ich von Hand wieder vor den Wind damit das ausgebaumte Vorsegel keinen Schaden nimmt. Na super, Autopilot kaputt, bei der Windfahne ist der Zahnkranz beschädigt, heißt das ab sofort von Hand steuern? Na, dann wird’s anstrengend. Aber Gott sei Dank hat Helmut ein Ersatzgetriebe dabei und baut es gleich ein. Gut wenn der Skipper alles kann! Um 11.00 Uhr gibt’s dann Frühstück mit frischen Brötchen, haben wir uns auch verdient. Den ganzen Tag ist der Himmel stark bewölkt, immer wieder Squalls, ein Wetter wie im November auf der Nordsee. Blauer Himmel Passatbewölkung, wo seid ihr? Doch Klaus (DJ3CD) von Intermar macht uns auch keine bessere Vorhersage, Wolkenband und bedeckter Himmel bis in die Karibik, aber beständiger Passat mit bis zu 25 Knoten Wind. Man kann eben nicht alles haben. Klaus hat seine Morgenrunde mit der Wettervorhersage extra wegen uns um 1 Std. auf 9.30 Uhr UTC verlegt, weil vorher das Band noch nicht offen ist und keine Funkverbindung zustande kommt. Auch sind die Funkbedingungen abends um 16.30 Uhr UTC, wenn die Wettervorhersage von Intermar läuft, sehr schlecht je weiter westlich wir kommen. Wir sind Klaus dankbar, dass er sich um 10.30 Uhr deutscher Zeit für uns Zeit nimmt und seinen Vormittag opfert. Etmal 138 sm.

12. Tag
Bei uns wird es nach UTC Zeit erst um 21.30 Uhr dunkel und morgens dafür erst um 9.30 wieder hell, sodass wir unseren Tagesablauf und das Wache so ganz langsam auf die Karibikzeit umstellen müssen. Da der Mond erst gegen 3 Uhr aufgeht, fahren wir doch mit der 3 Farbenlaterne im Topp, damit wir gegebenenfalls von anderen Schiffen gesehen werden. Und tatsächlich hat uns Dieter von der Nautica in der Nacht auch ausmachen können. Tagsüber können wir uns nicht sehen, die Entfernungen und der Wellengang ist dann einfach zu hoch. Es ist schon erstaunlich, dass wir trotz unterschiedlicher Besegelung und ohne große Absprache in wenigen Meilen Abstand seit 11 Tagen im Konvoi fahren.Das 3 Std. - Wache gehen schlaucht uns ganz schön, auch tagsüber müssen wir uns immer wieder hinlegen. Außer lesen, Essen herrichten und spülen passiert nicht viel. Da wir uns immer und überall festhalten müssen, ist selbst so was Einfaches wie Frühstücken schon anstrengend. Der Seegang hat etwas zugenommen und die Wellen schauen immer wieder mal von steuerbord hoch an Deck. Natürlich musste mal wieder eine davon über das Frontfenster in der Sprayhood einsteigen und hat auch etwas Wasser auf den Kartentisch und den Laptop gespritzt. Helle Aufregung!!! „Man hat auch keine Freude mehr“, so Helmut. Es ist aber diesmal offensichtlich nichts passiert. Wir wissen auch noch nicht, wie man die ganzen elektronischen Geräte besser schützen könnte. Hab wieder ein Mischbrot gebacken, ist wunderbar aufgegangen, was bei der Temperatur im Salon von 28° nicht verwunderlich ist. Etmal 140 sm.

13. Tag
Die Sonne taucht die Passatwolken in ein glutrotes Licht, der ganze westliche Himmel ist eingefärbt, herrlich, das erste mal ein solcher Sonnenuntergang. Heute nacht war richtig was los, gleich 2 Frachter auf Gegenkurs zu uns. Es sieht aber so aus, als würden sie immer rechzeitig einen großen Bogen um uns machen. Find ich prima, denn dann brauchen wir an den Segeln nichts zu ändern. Um 3.00 Uhr kommt denn der abnehmende Mond raus, erleuchtet aber dennoch die Nacht, schöner klarer Sternenhimmel zum träumen. Vertiefe mich wieder in mein Buch „Illuminati“, ein Thriller rund um die Papstwahl mit Bedrohung durch eine satanische Vereinigung, die mit Antimaterie den Vatikan auslöschen will. Irre spannend. Helmut ist mit „Säulen der Erde auch schon fast durch. Schön, das wir jetzt mal Zeit zum lesen haben.
Abendstimmung
Schöner Segeltag, mit dem Unterschreiten der 500 Meilenmarke haben wir die Karibikeinstimmungsphase mit Reggaemusik aus der Konserve und einem Rumpunch eingeläutet. Sonne, blauer Himmel, Passatwolken und tiefblaues Wasser unterstützen uns dabei. Etmal 155 sm, es ist der Wahnsinn. Vielleicht haben wir schon am Mittwochabend Landfall. Der Ankerplatz vor St. Anne ist ohne Probleme anzulaufen, Riffe gibt es auch keine. Wir rechnen und zählen die Stunden :-).
14. Tag
Jeder 3. Satz fängt mit: ….. es ist nur noch…. es sind noch soundsoviel Meilen bis …und soundsoviel Stunden… wenn wir dann da sind, dann….. Wir freuen uns schon auf den Landfall und fiebern dem Mittwochabend entgegen. Der Wind hat die ganze Nacht über konstant 25 und in Boen bis 30 Knoten durchgeblasen und uns auf der Welle vor sich hergeschoben. Auch an die heftigen Squalls haben wir uns mittlerweile gewöhnt, für kurze Zeit sieht man dann überhaupt nichts mehr. Ein irres und auch ein wenig beängstigendes Gefühl, ohne irgendetwas zu sehen mit 7 Knoten Fahrt durch Wellentäler und auf Wellenbergen rauf und runter durch die schwarze Nacht zu jagen. Die Zeitverschiebung nach UTC und Ortszeit wird immer größer, nach UTC wird es abends um 22.30 dunkel und auch erst um 10 Uhr hell, ständig rechnen wir, ob wir es denn noch bis zur Dunkelheit schaffen können, den Anker fallen zu lassen. Eine weitere Nacht Geschaukele in Wartestellung vor der Insel bzw. im Lee der Insel Martinique möchten wir eigentlich nicht verbringen. Ich bin ganz begeistert, wie gut die Verproviantierung mit frischem Gemüse und Obst gepasst hat. Es ist so langsam alles aufgebraucht, fast nichts ist schlecht geworden. Die grünen Tomaten haben sich im Kühlschrank in der Dunkelheit der Superfrischebox von Tupperware ganz hervorragend 3 ½ Wochen gehalten. Beim Einkaufen muss man nur darauf achten, dass die Tomaten nicht unterkühlt aus dem Kühlhaus kommen. Jeden 2. Tag ein 500 g Brot zu backen wird schon zur Routine. Man könnte bzw.sollte sicher noch mehr Brot essen, denn es sättigt gut und bei frischem Brot brauchen wir außer Butter nichts weiter drauf. Die aus Obstresten selbst hergestellte Mango-Banane-Orangen-Marmelade ohne viel zusätzlichen Zucker schmeckt ganz vorzüglich aufs Brot.
Im Mittelalter, so haben wir jetzt gelesen, gab es zum Frühstück nur Brot und Dünnbier! ! hört, hört. Etmal 160 sm.

15. Tag
Das fängt ja schon gut an, beim vorbereiten des Abendessens werde ich bei einer heftigen Schiffsbewegung von der Steuerbordseite des Salons nach backbord über den Tisch auf die Salonbank geschleudert, in jeder Hand eine Tomate, die ich eigentlich in das Paprika-Zwiebel Gemüse reinschneiden wollte. Der Schreck sitzt tief, aber wie durch ein Wunder habe ich keine Prellungen. Bei diesem Flug durch den Salon habe ich den Tisch nicht mal berührt, die Antirutschtischdecke liegt unverändert. Es geht eben nicht, eine Hand muss immer zum Festhalten frei sein. Bei dieser Schiffskrängung ist natürlich auch das kochend heiße Wasser für die Makkaroni auf den Salonboden rausgeschwappt. Gut dass ich da nicht gerade vor dem Herd gestanden habe. Jetzt reicht’s mir aber wirklich! Nachdem ich mich wieder etwas beruhigt habe, koche ich aber dann doch die Mahlzeit fertig. Die Wache im 3 Stunden Rhythmus wird anstrengend, da der Wind immer wieder auf 30 Knoten auffrischt und wir dann von Hand steuern müssen, um die Luvgierigkeit des Schiffes auszugleichen.
Habe mich dann nach meiner Wache um 11.00 Uhr vormittags nochmal für 3 Std. schlafen gelegt, die Welle ist moderater geworden und der Wind bläst nur noch mit 15-20 Knoten aus Ost. Nach einem Kaffee, Grießpudding mit Mandeln und Pfirsich aus der Dose und einem Schuss Marsala aus Sizilien geht es uns beiden dann so richtig gut. Blauer Himmel, leichte Passatbewölkung und 30° Lufttemperatur, im Salon sind es 32°, wir „safteln“ so vor uns hin. Bevor sich Helmut zu einem Schläfchen niederlegt, duscht er sich erst mal in der Plicht mit kaltem Wasser ab. „Illuminati“ habe ich nach 3 Nachtwachen durch, ist spannend bis zur letzten Seite. Helmut hat eben die Angel rausgelassen und sich aufs Heck gesetzt um sie zu bewachen, damit uns nicht wieder die Fische durch die Lappen gehen und nur Angelhaken abbeißen. Etmal 162 sm (unsere Spitzenleistung bisher).

Renate schläft, eingekeilt und abgepolstert auf dem Boden
16. Tag
Die letzte Abend/Nacht der Atlantiküberquerung, Abendessen Spagetti mit frutti di mare und ein Glas Rotwein. Der Wind hat nachgelassen, eine ruhige Nacht und wir können einigermaßen eingekeilt in unserer Fußbodenkoje schlafen. Zum Morgen hin wird die Nacht nochmal vom abnehmenden Mond hell erleuchtet und zeigt einen sternenklaren Himmel mit dem so oft besungenen *leuchtenden Kreuz* des Südens. Wir shiften den Großbaum, um wieder etwas südlicher vor den Wind zu kommen und schalten die Maschine zum Batterieladen und zum Geschwindigkeit halten dazu. Der GPS zeigt immer, je nach Geschwindigkeit wechselnd, nur noch 10 Std., nur noch 16 Std., nur noch 12 Std. bis zum Eintreffen. Wir sind angespannt und suchen am Horizont nach Land. Nichts, obwohl nur noch 19 Meilen bis zum Leuchtturm. Das kann doch gar nicht sein, ist es denn heute so diesig, so wenig Sicht. Plötzlich „Lachen“ von Achtern, ich erschrecke, ein Möwenpärchen zieht seine Kreise und „lacht“, es hört sich jedenfalls so an. Ein Katamaran zieht in 1 Meile Entfernung an uns vorbei.
Jetzt kann es doch nicht mehr so weit sein! 17.10 Uhr UTC Funkrunde mit Intermar, alle beglückwünschen uns schon zur Atlantiküberquerung, da sehe ich endlich Land. „Land in Sicht, Land in Sicht.“ Intermar ist immer live dabei. Wer zuerst Land sieht, hat sich ein Bierchen verdient! Auf Kanal 72 rufen wir die Carpe Dieme, die auf der Reede vor St Anne liegt und Gerdi meldet sich promp. Soo nah sind wir schon. Das Leuchtfeuer und die ersten weißen Palmenstrände mit dem türkisblauen Wasser liegen an steuerbord in der Abendsonne. Der Anker fällt nach 2207 sm um 20.45 Uhr UTC. Den Sonnenuntergang genießen wir bereits bei einer Pina Colada mit Gerdi und Ulli auf der Carpe Dieme. Etmal 146 sm + 17 sm in 3 Std. Nach 2207 Seemeilen fällt der Anker in auf der anderen Seite des großen Teichs.
Dieses Erlebnis, den Atlantik zu zweit überquert zu haben, werden wir so schnell nicht vergessen. Weshalb eigentlich, was ist das Besondere an einem solchen Törn?
Das Begrüßungskomitee Gerdi und Ulli
An Bord herrscht eine scheinbar eintönige Bordroutine, die nur unterbrochen wir von kleinen Desastern, gebrochenes Genuafall, nicht funktionsfähige Windsteueranlage, blockiertes Ruder durch Ausfall des Motors der elektrischen Selbststeuer-anlage, Salzwasser auf den Polstern durch undichte Luken, übergeschwappten Kaffee auf dem Teppichboden im Salon usw.. Um uns herum nur Wasser bis zum Horizont und darüber ein bedeckter Himmel, durch den ab und zu mal die Sonne hindurchschaut. Wie zu Hause und doch ganz anders. Aber nicht der Himmel ist es, sondern wir sind es. Zum einen weil die Zeit ihren Charakter verliert, wen kümmert es, ob wir einen, zwei oder drei Tage früher oder später ankommen? Und weil unser Schiff so unsagbar klein erscheint in dieser Wasserwüste, der wir gänzlich ausgeliefert sind. Darum lauschen wir mit bangem Herzen der Stimme der Natur, wird sie uns wohl gesonnen sein, wird sie Sturm und Seegang ein wenig dämpfen, damit uns die Kraft nicht ausgeht. Wir wollen sicher fahren aber zugleich auch rasch vorankommen. Auf dieser Grenze bewegen wir uns und schärfen unsere Sinne an der Natur.

In 16 Tagen den Atkantik bezwungen - Wir sind stolz auf uns -